Heute ging es in der Medienwelt ganz schön rund, und sofern die EU-Kartellbehörde zustimmt, wird der Eigentümer von Kika/Leiner, Steinhoff heißen.
Den Brief von der Geschäftsleitung gibt es auf der Aushangtafel im 4.Stock zu lesen.
Möbelriese Steinhoff International übernimmt die kika/Leiner-Gruppe. Zentrum des Deals: Brunn am Gebirge.
St. Pölten/Brunn. “Wir können das nicht kommentieren”, sagte eine Sprecherin der zweitgrössten österreichischen Einrichtungsgruppe vor zwei Tagen auf Anfrage von wirtschaftsblatt.at – zur den Gerüchten, dass kika/Leiner an den südafrikanischen Konzern Steinhoff International verkauft werde. Mittwoch Mittag kam die Antwort ungefragt – von kika-Betreuer Wolfgang Rosam, der die Bestätigung des Deals für die österreichische Seite verschicken durfte.
„Ja, es stimmt”, sagt demnach kika-Aufsichtsratspräsident Herbert Koch: „Die südafrikanische Steinhoff-Gruppe, eines der bedeutendsten Möbelhandelsunternehmen der Welt, könnte, vorausgesetzt die europäischen Kartellbehörden stimmen zu, der neue Eigentümer der kika/Leiner-Gruppe werden.”
Die kika-Eigentümerfamilien seien vor der Entscheidung gestanden: weiteres Wachstum und Finanzierung aus Eigenmitteln oder Merger mit einem Global Player, zu dem kika/Leiner in seiner Marktausrichtung perfekt passt. „Als in diesem Land groß gewordenes Familienunternehmen war es für uns auch entscheidend, dass mit dem neuen Eigentümer der Erhalt der Marke, Kontinuität und Sicherheit für die Arbeitsplätze gegeben sind. Daher haben wir uns für Steinhoff entschieden – auch deshalb, weil Steinhoff heute nicht nur ein extrem erfolgreiches, börsennotiertes Unternehmen ist, sondern auch – wie wir – aus einem Familienunternehmen entstanden ist und dieselbe Qualitätsphilosophie hat”, so Koch.
Die kika/Leiner-Gruppe zählt mit rund 7500 Mitarbeitern an 73 Standorten in sieben Ländern und einem Jahresumsatz von rund 1,2 Milliarden Euro zu den führenden Möbelhandelsunternehmen Europas. Dass zuletzt elf Millionen Euro Verlust geschrieben wurde, ist in der Aussendung nicht erwähnt.
Ein Deutscher in Kapstadt
Steinhoff ist aus anderem Holz geschnitzt. Im Vorjahr hat der Möbelriese seinen Umsatz von 4,5 auf 7,75 Milliarden Euro gesteigert und 545 Millionen Euro Gewinn geschrieben. Der Wachstumsschub wurde durch einen Milliardendeal ausgelöst: Steinhoff kaufte 2011 die Nummer zwei in Frankreich, Conforama, für 1,2 Milliarden Euro (inklusive Verbindlichkeiten um 1,625 Milliarden Euro) von PPR, dem Konzern des Milliardärs Francois Pinault. Im Vorjahr setzte Conforama 3,3 Milliarden Euro um und erzielte ein operatives Ergebnis von 62 Millionen Euro. Der Marktanteil in Frankreich liegt bei 15 Prozent, grösser ist nur IKEA mit 18 Prozent Marktanteil.
Die Steinhoff-Gruppe entspringt der 1965 gegründeten deutschen Möbelhandlung von Bruno Steinhoff. Der Deutsche ging 1997 nach Kapstadt, Südafrika und gründete dort die „Steinhoff-Möbel” Unternehmung. Ein Jahr später, 1998, wurde das Unternehmen an der Börse in Johannesburg notiert. Dort ist der Konzern mit 4,2 Milliarden Dollar bewertet. Vor wenigen Tagen gelang eine überaus erfolgreiche Refinanzierung. Die Konditionen, die 37 Banken einräumten, waren so günstig, dass sogar die Finanzagentur Bloomberg darüber berichtete. Bei dieser Gelegenheit stockte Steinhoff Europe ihren Kredit von 720,5 auf 860 Millionen Euro auf.
Alle Wege führen nach Brunn
Steinhoff Europe ist in Brunn am Gebirge angesiedelt – wie viele andere Steinhoff-Firmen. Unter der Europe- Holding sind eine Reihe von Produktionsbetrieben in aller Herren Länder angesiedelt. Bruno Steinhoff ist Aufsichtsratspräsident, Markus J. Jooste, der CEO der Steinhoff-Gruppe, ist auch Chef in Brunn am Gebirge.
Als CEO des Konzerns sieht er in Europa einen Kernmarkt und glaubt auch an die Zukunft des CEE-Marktes. „Wir freuen uns, dass wir ein Paradeunternehmen wie kika/Leiner in der Steinhoff-Gruppe begrüßen dürfen. Steinhoff verfügt in seinem europäischen Retail-Geschäft noch über keine Präsenz in Österreich, hier passt kika/Leiner perfekt. Die kika/Leiner-Gruppe wurde auf einem solidem Fundament gebaut und wird auch zukünftig seine eigenen Einrichtungshäuser mit starken lokalen Marken führen und besten Service für seine Kundinnen und Kunden bieten”, wird Jooste in der von Rosam verschickten Aussendung zitiert – und in der von Steinhoff, die eine halbe Stunde später allen internationalen Investoren zur Verfügung gestellt wurde.
Detail am Rande: kika/Leiner wird formell von Steinhoff Europe, Brunn am Gebirge, übernommen. Zum Kaufpreis gibt es noch keine Angaben. Er wird wohl in ein paar Tagen oder Wochen nachgeliefert. Aktionäre wollen schliesslich wissen, was im ihrem Geld gemacht hat. Anfang April, als das Steinhoff-kika-Thema erstmals in der Gerüchteküche aufgetauchte, war ein Phantasiepreis von 800 Millionen Euro genannt worden. Am Mittwoch hiess es in Bankenkreisen, Steinhoff habe mehr als 500 Millionen Euro springen lassen. Das käme der Sache schon etwas näher. Man muss ja nur die Conforama-Verhältnisse in Betracht ziehen: drei Milliarden Euro Umsatz wurden für 1,2 Milliarden Euro gekauft.
Noch einmal kika-Präsident Herbert Koch, diesmal laut Rosam-Aussendung: „Wir hätten diesem Deal als Eigentümerfamilien nicht zugestimmt, wären wir nicht der festen Überzeugung, dass Steinhoff kika/Leiner in eine aussichtsreiche Zukunft führen wird. Der Möbelhandel ist längst global geworden, und mit der Steinhoff-Gruppe ist kika/Leiner nun wesentlicher Teil einer vielversprechenden Expansions-Strategie.”
Namen bleiben, Chefs auch
Die Namen kika und Leiner werden weiterhin bestehen bleiben, Unternehmenschef Paul Koch wird die Möbelkette auch unter den neuen Eigentümern leiten. “Er wurde von Steinhoff gebeten, CEO zu bleiben”, so Rosam gegenüber der APA. Auch Peter Kickinger, Geschäftsführer neben Koch, soll bleiben. kika/Leiner war mehrere Generationen in Familienhand. 2008 übergab Herbert Koch die Führung an seinen damals 30-jährigen Sohn Paul. Er selbst zog sich in den Aufsichtsrat zurück.
Bei kika/Leiner lief es zuletzt unrund, Kroatien entwickelte sich zum Sorgenkind, die hohen Ausgaben für den Filialumbau in Österreich sorgten für Verluste. Leiner bringt es hierzulande auf 18 Geschäfte, Kika zählt 32 Einrichtungshäuser in Österreich. Außerdem gibt es sieben Geschäfte in Ungarn, sieben in Tschechien, vier in der Slowakei, vier in Kroatien sowie je eines in Serbien und in Rumänien. Was die neuen Eigentümer mit der Möbelkette vorhaben, sagten sie noch nicht. Laut Rosam sind die Zeichen auf Expansion gestellt.
Der österreichische Möbelmarkt wird zu 55 Prozent von Lutz mit seinen Marken XXXLutz, Mömax und Möbelix und von kika/Leiner dominiert. Bis ins Jahr 2000 hatte kika/Leiner die Nase vorne. Ab 2001 preschte Lutz vor. Ikea kommt hierzulande auf einen Marktanteil von 14 Prozent. Dahinter tummeln sich regionale Anbieter wie Möbel Ludwig und Rutar.